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Von der Schulbank in die Berufswelt

Frischer Wind in den Gewerbebetrieben von Ruswil: Letzten Dienstag schnupperten rund 80 Jugendliche der 1. Oberstufe der Schule Ruswil in der Berufswelt. Da wurde gekocht, geschraubt, gesteckt und repariert.

Text/Foto: Roland Meyer

Als Vorbereitung zum Erkundungsparcours durften Schülerinnen und Schüler sich für drei Wunschberufe anmelden. Am Dienstag war es dann so weit: In drei Blöcken à je 1.5 Stunden schnupperten sie in den verschiedenen Betrieben. Überall durften sie gleich mit anpacken. Der Gewerbeverein und die Schulen Ruswil legen Wert auf diese Praxisnähe. Nicht selten entstehen so beim Berufserkundungsparcours erste Kontakte, die später dann zu einer Schnupperlehre führen.

Rasenmäher zerlegt
Lenn, Ueli und Lenny schrauben zu Dritt an einem Rasenmäher herum, lösen Schraube um Schraube. Pius Buchmann, Geschäftsinhaber der Pius Buchmann AG, staunt, wie selbstsicher die drei Schüler mit den Werkzeugen umgehen, ohne Berührungsängste. Den drei Burschen gefällts: «Wir wissen vom Beruf eigentlich noch nicht so viel, aber diese Arbeit ist interessant und vielfältig». Für Pius Buchmann ist es wichtig, den jungen Schülern die ganze Bandbreite des Berufes des Landmaschinenmechanikers zu zeigen. Dazu gehört auch eine kurze Betriebsführung, die Vorstellung des Berufsbildes, die Arbeit am Rasenmäher und dann der Wechsel zu einem Traktor. Längst gehört nicht mehr nur mechanisches Arbeiten und Schweissen an den Maschinen zum Beruf, der Laptop ist heute ein steter Begleiter. Dass sich gleich drei Schüler für den Beruf interessieren, freut Pius Buchmann. Bisher konnten die Lehrstellen bei ihm immer besetzt werden: «Wir sind da eigentlich ziemlich verwöhnt». Er weiss aber auch, dass in anderen – vor allem städtisch geprägten – Regionen, der Nachwuchs an guten Berufsleuten nicht mehr ganz so selbstverständlich ist. Umso mehr schätzt er das Angebot des Berufserkundungsparcours, wo junge Leute mit handwerklichen Berufen in Kontakt kommen.

Mithilfe beim Motorenwechsel
«Eigentlich fahre ich Töffli und schraube da auch gerne mal rum», sagt Lukas. Er lernt gerade den Beruf des Fahrradmechanikers bei der Firma Bikeexpert näher kennen. Samuel Goncaves hat in diesem Betrieb selber gelernt und erklärt Lukas nun als ausgebildeter Fachmann die wichtigsten Arbeiten. Aufgehängt ist ein E-Bike mit defektem Motor, der ersetzt werden muss. Lukas gefällt die Arbeit: «Ich kann hier etwas Handwerkliches machen». Dementsprechend sieht auch sein weiteres Tages-programm aus: Er wird noch bei einem Metallbauer und einem Carrosserielackierer reinschauen.

Attraktive Kinderbetreuung
In der Kinderbetreuung Small Foot in Ruswil geht es lebhaft zu und her. Sarah, Salome und Sophia interessieren sich für den Beruf als Pflegefachfrau Betreuung Kind. Zuerst wurde ihnen die ganze Kita gezeigt, dann ging es an die praktischen Arbeiten: Das Zmittag für die Kinder musste vorbereitet werden. Für die drei Schülerinnen heisst das erstmals: Härdöpfel schälen. Auf dem Menuplan steht: Kartoffelauflauf mit Sauerkraut, Erbsli und Rüebli. Rahel Rösch, stellvertretende Leiterin von Small Foot in Ruswil, erzählt von den täglich anfallenden Arbeiten. «Ein solcher Schnuppertag ist auch für uns ganz gut und fordert uns», sagt sie. «Wir werden uns wieder bewusst, welch schönen Beruf wir ausüben». In Ruswil werden zwei Lehrstellen und eine Praktikumsstelle angeboten. Diese konnten bis anhin immer gut besetzt werden. Den Fachkräftemangel spürt man aber auch vermehrt. Seit einem halben Jahr sei eine Stelle für eine ausgebildete Person ausgeschrieben, die bis heute leider noch nicht besetzt werden konnte, erzählt Rahel Rösch. 

Erstmals ein Kochlehrling
Voll des Lobes für den Schnupperparcours ist Christian Mathis, Wirt vom Gasthof Rössli. Zusammen mit Gianni und Nina haben sie ein Cordon Bleu geklopft, gefüllt, gewürzt und gebraten. Christian Mathis schätzt vor allem, dass die Schülerinnen und Schüler direkt in den Betrieb kommen. Alles sei sehr unkompliziert organisiert. «Wir zeigen unseren schönen Beruf sehr gerne. Und hoffen natürlich, dass die eine oder der andere Appetit bekommt, eine Schnupperlehre anzuhängen. Besonders freut es ihn, dass in diesem Sommer erstmals ein Koch-Lehrling bei ihm anfängt. Das ist in der Branche nicht selbstverständlich. «Viele Betriebe klagen über Fachkräftemangel und müssen gar die Öffnungszeiten ihrer Restaurants reduzieren.»

Ehrenplatz für die Rose
Schritt für Schritt zeigt Heidi Frei, wie ein schönes Blumengesteck entsteht. Enya, Sarah und Sophie hören aufmerksam zu, denn sie wollen den Beruf der Floristin näher kennenlernen. Sie tränken den grünen Blumensteckschaum mit ausgiebig Wasser, schneiden ihn zurecht. «Schaut, dass ihr den Anschnitt bei der Rose möglichst lang macht, damit sie genügend Wasser ziehen kann». Und dann bekommt diese edelste Blume im Gesteck den Ehrenplatz. War früher Floristin ein sehr gefragter Beruf, so steht es um den Berufsnachwuchs heute nicht mehr ganz so gut, erzählt Heidi Frei. Umso wichtiger seien solche Tage wie heute für interessierte Schülerinnen. Zum Schluss machen sich die drei Schülerinnen an das Einpacken und dürfen als Belohnung, das fixfertige Gesteck mit nach Hause nehmen.

Grosses Engagement des Gewerbevereins
Warum engagiert sich der Gewerbeverein Ruswil so stark für den Berufserkundungsparcours. Es sei nicht immer einfach für kleinere und mittlere Betriebe, Lernende zu finden. Deshalb sei es wichtig, dass die Gewerblerinnen und Gewerbler möglichst früh auf die Lehrstellen aufmerksam machen. Die Rekrutierung von Lehrlingen sei zunehmend zur grossen Herausforderung geworden. Früher konnte man auswählen. Heute ist es nicht mehr selbstverständlich, dass man gute und interessierte Nachwuchskräfte bekommen kann. Es sei auch sehr branchenabhängig, denn nicht jede Berufsgattung ist gleich beliebt. Der Erkundungsparcours ist oft der erste Kontakt zwischen den Jugendlichen und der Berufswelt. Der Gewerbeverein erhofft sich, dass viele auf den Geschmack kommen und in einem der vielen schönen Gewerbebetriebe vor Ort eine Schnupperlehre anhängen.

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